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20. September 2021

Lehramtsanwärter gezielt in Bedarfsregionen einzusetzen, löst keine Probleme.

Zu den drei aktuell belastenden Aufgaben in den Schulen wird von den Lehrkräften das Auffangen des Lehrkräftemangels benannt. Grundlage ist ein Zwischenergebnis einer noch laufenden Umfrage des VBE unter den Personalräten des Landes. Die Schulen und Lehrkräfte fühlen sich zerrissen zwischen dem Wunsch und dem Bestreben, guten Unterricht in ihren Stammklassen zu erteilen und dem ständigen Herausgerissenwerden für Vertretungsunterricht, der gleichzeitigen Betreuung mehrerer Lerngruppen, der Unterstützung der vielfach eingesetzten Aushilfslehrkräfte, die ohne entsprechende Ausbildung oder Qualifikation in den Schulen eingesetzt werden und der Erfüllung der umfassenden Dokumentationsaufgaben. „Die Situation in den Schulen erinnert an die mythologische Figur des Sysiphus“, so Christian Schmarbeck am 18.09.anlässlich der Bekanntgabe der OECD Ergebnisse zum Thema Lehrkräftemangel und Lehrkräftebedarf.

Erschwerend kommt hinzu, dass Lehrkräfte aufgrund der hohen Beanspruchung und Belastung durch die vielen in Summe nicht erfüllbaren Aufgaben erschöpft sind, erkranken und ausfallen. Und mit jeder Lehrkraft, die nicht mehr zur Schule kommen kann, droht das fragile Gebilde in Gänze zusammen zu brechen.
„Davon ausgehend, dass die Ergebnisse der OECD Studie auf Schleswig-Holstein übertragbar sind, müssen wir uns in Schleswig-Holstein über einen Zeitraum der nächsten 10 Jahren auf einen eklatant hohen Lehrermangel einstellen.“ so Christian Schmarbeck. „Es bedarf also unterschiedlicher Lösungsansätze, die sowohl zeitnah Linderung verschaffen, als auch perspektivisch für die nächsten Jahre wirken können.“
„Sich auf die Lehramtsanwärter zu konzentrieren und diese gezielt in bestimmten Regionen einzusetzen ist weder eine Lösung noch angesichts des Ausmaßes an fehlenden Lehrkräften nachhaltig wirksam. Die Ausbildung kann niemals die fehlende Anzahl an fehlenden Lehrkräften ausbügeln.“
Im Nachhinein stehen sie als ausgebildete Lehrkräfte zur Verfügung. Jedoch bis dahin wirken Sie sich mit nur sechs Stunden pro Person zu gering aus, als dass eine Änderung spürbar sein würde. Die Ausbildungszeit in den Schulen ist sehr umfangreich und bedarf Zeit. Vier Stunden als Anerkennung für die Betreuungsaufgaben sind zu gering. MentorInnen zu finden gestaltet sich aufgrund der hohen schulischen Belastung immer schwieriger.
Die Aussagen der Landesregierung, dass mehr Planstellen geschaffen worden sind, spiegeln nur einen Teil der Problemlösung dar. Ja, es gibt Stellen, leider gibt es die Menschen nicht, die diese Stellen bekleiden könnten.
Hier gilt es ehrlich zu sein: Wir betreiben ein System unter Volllast mit durch Corona verursachten Verwerfungen, einer immer weiter zunehmenden Heterogenität der Lernenden und zusätzlichen, umfassenden administrativen Aufgaben. Dafür steht aber immer weniger Personal zur Verfügung. Und das nicht nur jetzt schon, sondern vermutlich auch in den nächsten Jahren.
„Die langfristig wohl effektivste Maßnahme, um junge Menschen zu überzeugen, ins Lehramt zu gehen, wäre das umgehende Schaffen von angemessenen Arbeits- und Gelingensbedingungen für den Unterricht im hier und jetzt“. Dann würden Schülerinnen und Schüler mit Lehrkräften im täglichen Kontakt sein, die ihren Beruf mit Hingabe für ihre Schülerinnen und Schüler leben, die das Erteilen von Unterricht und die individuelle Begleitung wieder als wesentlichen Teil ihrer Arbeitszeit wahrnehmen und sich als kompetent, erfolgreich und selbstwirksam erleben können. Dann könnten Lehrkräfte multiplikativ für den Reiz und das Besondere Ihrer Profession nicht nur werben, sondern es vorleben.

Kurzfristig sieht der VBE in der Installation und Verstetigung von multiprofessionellen Teams in der Schule einen Baustein, zu Gelingensbedingungen beizutragen.
Ebenso fordert der VBE:

  • Eine Erhöhung der Stundenzuweisung für die Ausbildung von Lehrkräften.
  • Ressourcen für die Begleitung und Einarbeitung von Lehrkräften im Seiteneinstieg, damit diese in den Schulen besser begleitet werden können.
  • Ressourcen für die Unterstützung von Vertretungslehrkräften vor Ort
  • Qualifizierungsangebote für Vertretungslehrkräfte, gesteuert und verantwortet durch das IQSH


Christian Schmarbeck
Landesvorsitzender VBE SH