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14. Juni 2023

Den Lehrerberuf attraktiver gestalten?

Was macht den Lehrerberuf aus? - Gedanken zur Fachtagung der Ministerin Anfang Juni

Als Besucherin dieser Fachtagung kamen mir im Nachhinein so einige Gedanken, die sich an den Formulierungen festmachten:

„Gute Lehrkräfte für starke Schulen“ war das Thema der Fachtagung. Ja, wir brauchen gute Lehrkräfte aber nicht nur für starke Schulen, sondern um alle Schularten in unserem Land zu stärken.

Ein Teilthema lautete: „Was macht den Lehrerberuf attraktiv?“ Aber ist Attraktivität ein erstrebenswertes Ziel? (Anziehend durch einen entsprechenden äußeren Eindruck). Die Stärken des Lehrerberufs müssen deutlich zutage treten. Sie müssen sichtbar werden. Was die Öffentlichkeit vom Lehrerberuf wahrnimmt, muss echt, ungeschönt, verlässlich und glaubwürdig sein. Daran muss die Politik ein aufrichtiges Interesse haben und in die Verbesserung der Arbeitsbedingungen investieren, denn die sind sichtbar.

Was ist zzt. authentisch und an welchen Schrauben müsste gedreht werden?

An etlichen Tagen rücken die belastenden Aspekte des Berufs in den Vordergrund. Kaum noch zeitliche Ressourcen, teilweise sehr große Klassen, Unterricht gleichzeitig in mehreren Klassen, begrenzte räumliche Kapazitäten, stetig wachsende organisatorische Tätigkeiten und zusätzlicher Lehrkräftemangel nehmen einen hohen emotionalen Stellenwert ein. Das eigentliche Kerngeschäft – das Unterrichten – wird nebenbei erledigt. McKinsey hat herausgearbeitet, dass die Arbeit mit dem Lernenden weniger als 50% der Arbeitszeit ausmacht (mehr im Themenheft des VBE „Digitales“). Dabei frage ich mich, wo der sehr hohe Anteil an täglichen Gesprächen für Absprachen untergebracht ist [1]. Diese Situation hat sich seit Jahren aufgestaut und belastet Lehrkräfte emotional und physisch.

Was wir brauchen? Lehrkräfte brauchen ZEIT!

Zeit ist die einzige Währung, die zählt!  

Zeit ist ein wesentlicher Aspekt der Arbeitsbedingungen. Es fällt schlicht und ergreifend den Schülerinnen und Schülern auf, dass ihre Lehrkräfte gehetzter wirken und für sie und ihre Anliegen weniger Zeit haben. Die Kinder und Jugendlichen haben dafür einen siebten Sinn.

Weil die Zusammenarbeit in der Schule immer schwieriger erscheint, hören wir häufig im öffentlichen und privaten Raum „Lehrer möchte ich nicht sein!“ Dieser Blick auf die Arbeitsbedingungen kratzt an der Attraktivität des Berufsbildes „Lehrkraft“.

Der VBE fordert schon seit langem, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, auch wenn es zunächst für zusätzliche Einschnitte in der Lehrerversorgung führen wird. Das Positive an diesem Beruf ist das Unterrichten, die Interaktion mit den Lernenden, unterstützt durch ein gutes kollegiales Klima – alles andere ist notwendiges Beiwerk. Die Arbeitsbedingungen müssen sich daraufhin ausrichten.

Die Fachtagung der Ministerin am 3. Juni orientierte sich an der Steigerung der Motivation für ein Lehramtsstudium, an der Stärkung des Studienerfolgs im Lehramtsstudium und an der Attraktivität des Lehrerberufes. Die ersten beiden Orientierungspunkte wirken sich erst in sieben Jahren aus. An der Authentizität des Bildes des Lehrerberufs kann über die Verbesserung der Arbeitsbedingungen schon jetzt etwas getan werden.

Vieles auf dieser Tagung blieb unkonkret und musste eigentlich auch unkonkret bleiben:

Segeln Sie mal durch harte stürmische Zeiten – denken Sie dann über das Positive im Lehrerberuf nach oder über Verbesserungen der Arbeitsbedingungen?

Martje Gummert, junger VBE


[1] Der VBE hatte über eine Abfrage unter den Lehrkräften herausarbeiten können, dass Grundschullehrkräfte mehr als 6 Stunden und Gemeinschaftsschullehrkräfte sogar mehr als 7 Zeitstunden pro Woche für Gespräche und Absprachen benötigen, die ihnen dann die Zeit für Vorbereitung nehmen – siehe VBE Standpunkte Klassenlehrkraft.