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26. September 2023

Schulabschluss an Förderzentren anerkennen

In der Angelegenheit Schulabschluss an Förderzentren anerkennen (Antrag des SSW; Drucksache 20/826) und dem Alternativantrag der Fraktionen von CDU und Bündnis 90/Die Grünen – Drucksache 20/979 - Leistungen von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Rahmen zieldifferenter Schulabschlüsse anerkennen und berufliche Orientierung weiter ausbauen zu „Schulabschluss an Förderzentren anerkennen“ nimmt der VBE gern Stellung:

Schon seit Jahren ist es ein ärgerlicher Umstand, dass Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf statistisch wie Schulabbrecher (ohne Ersten allgemeinbildenden Schulabschluss) erfasst und gezählt werden.

Bisher wurde bei den Abschlussschülern erfasst, wer mit ESA, MSA, Abitur oder ohne einen dieser Abschlüsse die Schule verlässt. Auf Grund diese Erfassungsweise erfolgt/e keinerlei differenzierte Betrachtung der sonderpädagogischen Abschlüsse. Diese Schülerinnen und Schüler absolvieren jedoch eine individuelle Abschlussprüfung, weshalb die Abschlüsse richtigerweise nicht unter den Begrifflichkeiten ESA, MSA oder Abitur erfasst werden können. Aber: Sie erbringen eine individuelle Leistung, weshalb Sie auch nicht in die Kategorie Schulabbrecher gehören (dürfen).

Differenziert betrachtet absolvieren Schüler mit besonderem Förderbedarf, im Gegensatz zu den drei obengenannten Schulabschlüssen, zieldifferente Schulabschlüsse der sonderpädagogischen Förderschwerpunkte Lernen oder geistige Entwicklung.

Insofern findet der Antrag des SSW die Unterstützung des VBE, denn die Leistung der Förderschüler gilt es zu würdigen, statt sie wie bisher mit einem tatsächlichen Schulabbrecher, also einem Schüler ohne jedweden Schulabschluss, gleichzusetzen!

Zudem müssen auch auf Bundesebene die Leistungen von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Schwerpunkten Lernen und geistige Entwicklung in Form der im individuellen Bewertungsrahmen erlangten Schulabschlüsse anerkannt werden.

Eine angepasste und ausdifferenzierte Statistik ermöglicht dann ggf. auch das Ableiten/Erstellen wirkungsvoller Maßnahmen, um einerseits die sonderpädagogischen Schüler/Innen beim Übergang in einen Beruf zu begleiten und andererseits die Anzahl der tatsächlichen Schulabbrecher, ohne irgendeinen Abschluss, zu reduzieren. Diese Maßnahmen werden für Schülerinnen und Schüler mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt Lernen oder geistige Entwicklung anders ausfallen als für Regelschüler, die die Schule ohne ESA bzw. ohne einen allgemeinbildenden Schulabschluss verlasen.

Der Alternativantrag (20/826) enthält sehr viele unterschiedliche Aspekte, als dass er ebenfalls mit wenigen Worten die Unterstützung des VBE finden kann.

Sonderpädagogik ist und bleibt immer individuell, dies findet in dem jeweils für einen/eine Schüler/inn ausgestellten Förderplan seinen Ausdruck. Insofern ist es sachfremd, sich am allgemeinbildenden Schulabschluss (ESA) zu orientieren, denn dabei gerät die Individualität aus dem Blick.

Allgemeine Praxis ist, dass, wenn eine zieldifferente Förderung in eine zielgleiche übergehen kann, letztendlich der sonderpädagogische Schulabschluss ersetzt wird durch den ESA. Dazu dienen auf individuellem Wege die Flex-Klassen, die es gilt, dort anzubieten, wo sie erforderlich sind.

In der Folge muss das Schulsystem ertüchtigt und gestärkt werden!

Hierfür braucht es:

  • Zeit für zwischenmenschliche Beziehungen - die Grundlage für jedes Lernen
  • Zeit für qualitativ und methodisch an die Lerngruppe angepassten Unterricht
  • Zeit für Kooperation aller in der Schule tätigen Personen von Beginn an

Ohne jedweden Abschluss verlassen in Schleswig-Holstein etwa 5 % der Schüler/Innen die Schule. Wenn also jeder Zwanzigste die Schule ohne Abschluss verlässt, ist - auch ohne die Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf – jeder einzelne einer zu viel. Die Schulen, vor allem die Gemeinschaftsschulen, benötigen die Zuweisung von Gelingensbedingungen, damit sie ihrer Vielzahl an Herausforderungen gerecht werden können.

gez. Martina Heitmann, stellv. Landesvorsitzende des VBE