VBE zur Änderung der Kontingentstundentafel

Grundschule

Zu den bisherigen Intensivierungsstunden Deutsch und Mathematik, die jetzt in die Kontingentstundentafel aufgenommen werden; also Aufstockung um je 1 Stunde in Deutsch und Mathematik. Für den VBE bestehen erhebliche Zweifel an der flächendeckenden Wirksamkeit der Maßnahme.

Am Beispiel des Mathematikunterrichts in der Klasse 1 sei es erläutert:

Eine ausgebildete Mathematikfachlehrkraft vermittelt ihrer Klasse (A) gute Chancen auf fachlich qualifizierten Erfolg. Mit einer Stunde mehr gewinnt diese Klasse zweifelsohne; andere Klassen jedoch nicht, wenn aufgrund des Lehrkräftemangels, insbesondere des Fachlehrkräftemangels Mathematikunterricht eher intuitiv erfolgt, der ebenfalls um eine Stunde erhöht wird. Die Gewinnerstunde bei A wird somit einer anderen Klasse genommen.

Daher empfiehlt der VBE einen Zusatz aufzunehmen, dass diese Zusatzstunden auch als Intensivförderung eingesetzt werden können. Die Stundenzahl zu erhöhen, behebt nicht das Problem der Heterogenität, der mangelnden Sprachkenntnisse oder Entwicklungsverzögerungen. Grundschullehrkräfte berichten z.Z. von der einer stark abnehmenden Durchhaltefähigkeit und Konzentrationsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler. Einfach oben drauf gepackter Unterricht löst nicht das Problem des Aufarbeitens von Lücken.

Sekundarstufe I

Es ist schwierig nachzuvollziehen, Mindestkontingente bei dem bestehenden eklatanten Fachlehrkräftemangel festzulegen: 4 Stunden Informatik, 4 Stunden Wirtschaft/Politik, xx Stunden ästhetische Fächer und Sport. Diese Festlegungen zwingen im Mangelfall zum Ausweichen auf nicht fachgerechten Unterricht und sind mit Blick auf das Ganze Ausdruck einer Mangelverwaltung, die den Einzelschulen aufgebürdet wird.

Der VBE plädiert grundsätzlich für klare Handlungsrahmen, die auch umsetzbar sind und von Taten der Regierenden möglich gemacht werden. Der Lehrkräftemangel ist ein sehr ernst zu nehmendes Problem und nicht einfach aus dem Hut zu zaubern. Deshalb sollte den Schulen die Möglichkeit eröffnet werden, die Kontingentstundentafel über einen begrenzten Zeitraum zu reduzieren und sich auf qualitativ hochwertigen Fachunterricht zu konzentrieren.

Im Fachbereich Informatik wird nun auch den Gemeinschaftsschulen die Flexibilität gegeben, zwei Stunden aus dem Kontingent der Jahrgangsstufen 7 bis 10 in das Kontingent für die Klassen 5 und 6 zu übertragen. Diese Flexibilisierung ist sinnvoll, da etliche Themen bereits in der Klassenstufe 6 aktuell sind, wie z.B. aus dem Bereich Informatik mit den Themen Soziale Medien/Gefahren im Internet/Umgang mit Daten/online-Mobbing etc.

4 Stunden Informatik plus

Die flächendeckende Einführung des Faches Informatik als Pflichtfach mit dem „nicht zu unterschreitendem Mindestkontingent“ von 4 Stunden wird per se begrüßt vorausgesetzt, dass die Fachlehrkräfte (Fakultas Informatik) zur Verfügung stehen (können).

Es muss allerdings gewährleistet werden, dass die bereits durch selbstständig konzipierten Unterricht gewonnenen Kenntnisse im Bereich Informatik bei der Gewährung der Lehrbefähigung im Fach Informatik berücksichtigt werden. Ansonsten wird ein massives Personalproblem in der Gemeinschaftsschule auftreten, da das Fach Informatik bisher nicht in der GemS-Ausbildung vorgesehen war/ist und die erfahrenen Lehrkräfte nicht bereit sein werden ihre Fortbildung wieder bei null anzufangen.

Dass aufgrund der höheren Gesamtstundenzahl an den Gemeinschaftsschulen (188 über alles, Gymnasien 174) die 4 Stunden aus den Fachbereichen Natur-, Gesellschaftswissenschaften, Ästhetische Bildung/Sport und Arbeit/Wirtschaft/Verbraucherbildung herausgelöst werden sollen, ist bedauerlich aber in diesem Fall nachvollziehbar.

Grundsätzlich gilt für den VBE, dass nicht jede gesellschaftliche Entwicklungsform als Fach den Schulen auferlegt werden darf und andere wichtige Fächer verdrängt.

VBE erwartet Maßnahmen für mehr Lehrkräfte in Mathematik

Der Bildungsausschuss bat um Stellungnahme zu zwei Anträgen den Mathematikunterricht betreffend. Eine Stellungnahme gestaltet sich schwierig, da beide Anträge wenig Konkretes beinhalten und wenig auf die Missstände im und um den Mathematikunterricht Bezug nehmen.

Hier ein paar Spots aus Mathe-Fachkreisen unsererseits:

Es herrscht eine extrem große „Schere“, die alleine im Unterricht bei so vielen Kindern nicht berücksichtigt werden kann. Hinzu kommen Inklusion und Integration ohne entsprechende personelle Unterstützung. Die Zielführung im Mathematikunterricht wird dann häufig durch pädagogisch-organisatorische Aufgaben gestört, beansprucht eben Lernzeit.

Lehrplan und Zeugnisse gehen an den Basisfertigkeiten vorbei: Warum muss in Klasse 1/2 schon Zeit auf „Daten, Häufigkeiten und Wahrscheinlichkeiten“ verwendet werden? Kinder sollten erst einmal Sicherheit im Zahlenraum / in Arithmetik bekommen.

In fachfremdem Unterricht bleiben häufig die Genauigkeit und das Lehren des mathematisch logischen Denkens auf der Strecke. Es ist eben z.B. nicht egal, wie Zahlen geschrieben werden (immer erst Zehner, dann Einer) und es macht Sinn Einmaleins-Reihen in einer Reihenfolge zu erarbeiten, die aufeinander aufbaut. Das „Bimsen“ des 1×1 unterbindet i.d.R. das Herleiten der Aufgaben.

Zum Antrag: „Mathe stark machen“ (SPD, FDP, SSW)

Dieser Antrag ist keine Hilfe. Er wälzt nur schon längst Bekanntes neu um: Doppelbesetzungen, Projekte, Fördermaßnahmen, Ausweitung auf Sek I, Behebung von Fehlvorstellungen, zweifelhafte Anpassung der Didaktik (Zinsrechnung für Dummies?!?), Lernsysteme, die sich an ihre Benutzer anpassen(??) (blumige Worte), Überprüfung der Lernmaterialien (, wenn aus fachfremder Not das Internet geplündert wird?), verbindliche Schulentwicklungstage (für Fachfremde?), durchgängige mathematische Bildung in Schulen, wo kaum noch Mathefachkräfte unterrichten und dazu anleiten können?

Nicht Mathe muss stark gemacht werden; die Schülerinnen und Schüler müssen in Mathematik stark gemacht werden.

Dabei hilft auch keine Fortbildungs“offensive“. Dazu ist das Mathekind schon im Brunnen. Eine konzentrierte Weiterbildung für die zusätzliche Lehrbefähigung in Mathematik ist unter guter Freistellung für die Lehrkräfte anzubieten. Wir brauchen fachkompetente Lehrkräfte in Mathematik, vorzugsweise für die Grundschulen und keine Spielereien am Fach selbst.

Das Mathematikstudium selber muss machbarer und attraktiver gestaltet werden, um mehr Fachkräfte zu bekommen.

Die Messungen und Vergleiche verstellen den Blick auf praktisches Handeln. Sie dürfen nicht zu heil-losem Aktionismus führen. Jedem ist doch klar, dass ein eklatanter Lehrkräftemangel auch das Fach Mathematik betrifft.

Der Fachkräftemangel ist nicht angekommen, er hat sich inzwischen für alle sichtbar ausgebreitet. Schon längst werden zu viele Mathematikstunden fachfremd unterrichtet.

Kein Wunder also, dass bei dem derzeitigen Lehrkräftemangel vieles auf der Strecke bleibt. Schon längst hätten wir uns von der Stundentafel verabschieden sollen und uns auf Weniges konzentrieren sollen, damit das Wenige qualifiziert unterrichtet werden kann. Weniger wäre wirklich mehr!

Dem Alternativantrag der CDU und der GRÜNEN, auch wenn er richtigerweise die Kompetenzen in den Fokus nimmt, fehlt das gleiche wie den Schulen: Lehrkräfte, fachkompetente Lehrkräfte in Mathematik. Dazu steht im Antrag kein Wort.

Der VBE erwartet vom Landtag, dass Maßnahmen in die Wege geleitet werden, die mehr Lehrkräfte in die Schulen bringen, echte Lehrkräfte.

Auch die Allianz für Lehrkräftebildung muss endlich mit Ideen aufwarten. Wir erfahren nichts. Sie arbeitet im Stillen (oder im Geheimen?). Zumindest arbeitet sie absichtlich ohne die Vertretungen der Lehrkräfte. Hoffen wir, dass sie weiterkommt als nur über Lehrermangel zu reden. Denn nur mit den Lehrervertretungen können tragfähige Lösungen entwickelt werden. Wir brauchen gesellschaftlich eine große Übereinkunft.

Martina Heitmann, stellv. Landesvorsitzende des VBE